Georgien
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Unterwegs in Georgien – Tbilisi, Stepanzminda und Gori

Es war ein Abend in den Bergen von Azerbaijan – bei Xinaliq im Kaukasus, gemäß Reiseführer das höchstgelegene Dorf Europas, an dem ich zum ersten Mal bewusst Geschichten von Georgien hörte.

Wir saßen mit ein paar Jugendlichen aus Azerbaijan – ich glaube sie kamen aus Qabala – und mit einem Mann aus Russland, der von Georgien erzählte zusammen. Wir tranken Bier, aßen Sonnenblumenkerne und sprachen von einer Kirche in den Bergen, die ein einmaliges Panorama bieten soll und von einem Land, dass ich nicht kannte.

Georgien wird als „der Balkon Europas“ bezeichnet und mit diesem Gedanken machten wir uns auf den Weg ins Unbekannte.

Eine Reise nach Georgien (Berlin – Tbilisi)

Wir sind von Berlin über Istanbul unkompliziert nach Tbilisi geflogen (man kann sagen was man will, aber Türkisch Airlines ist einer der besten Airlines der Welt). Tbilisi ist die georgische Bezeichnung für Tiflis, doch das Wort Tiflis versteht niemand in Georgien. Vom Flughafen ging es mit dem Mietwagen in die Stadt (sehr unkomplizierte Einreise – Personalausweis reicht).

Auf dem Highway sammelten wir erste Eindrücke ein, was ein schönes Gefühl ist. Eindrücke ohne direkte Referenz in den Kopf einströmen zu lassen hat für mich was von „einen neuen Ordner auf der Festplatte anlegen“, in dem Daten zum ersten Mal gespeichert werden.

Der Flughafen liegt ca. 20km außerhalb der Stadt, in der Stadt selbst fahren ist ein Horror, den man bewältigen kann (Azerbaijan war schlimmer) und es fällt uns auf, dass Tbilisi quasi ohne Ampeln auskommt.

Ticken die Uhren anders in Georgien? Diese Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten. Einerseits scheint vieles ähnlich zu laufen, da der Alltag ähnlich zu funktionieren scheint, wie bei uns. Man könnte es „christlich geprägtes Abendland“ nennen, obwohl das natürlich nur zum Teil zutrifft, da Georgien christlich orthodox ist (Genau gesagt: ქართული მართლმადიდებელი და სამოციქულო ეკლესია, Kartuli Martlmadidebeli da Samotsikulo Eklesia, d.h. „Georgische Orthodoxe und Apostolische Kirche“ – Wikipedia). Das christliche scheint dasVertraute und im Orthodoxen scheint sich das Andere zu verbergen.

Dürfte sich eigentlich ein Land, in dem die katholische oder die evangelische Kirche dominiert, ein anderes Alphabet als das lateinische Alphabet erlauben?

Tag und Nacht in Tbilisi

Tbilisi ist eine Stadt nach meinem Geschmack – nicht schön, nicht hässlich – „rotten“ und „rough“ (im besseren Sinne gemeint) beschreibt die Stadt ganz gut. Wir sind durch die Gegend gelaufen, immer der Nase nach, manchmal auch Google folgend und haben Eindrücke gesammelt.

Die Nacht stand im Zeichen des Feierns (nach dem wir erfolglos versuchten, uns tätowieren zu lassen). Dafür ging es in den berühmtesten Club der Stadt, ins „Bassiani“, zumindest hat das next2reality behauptet. Prädikat: sehr empfehlenswert.

Der Kaukasus ruft – again!

Die Nacht war wieder Tag und wir machten uns auf den Weg nach Stepanzmida, – in die Bergwelt des Kaukasus – zu einer Kirche, die über einen 2.200 m hohen Pass am Fusse des Kasbek, einem  5.047m hohen Berg liegt. Stepanzminda selbst ist eine Minderstadt, wie ich gerade gelernt habe und liegt auf 1.700m Höhe am Fluss Terek. Eine Minderstadt ist übrigens „die Bezeichnung für eine Kategorie von Orten mit eingeschränktem Stadtrecht“ (Wikipedia), was ich mir auch mit dem Umstand erkläre, das Stepanzmida der letzte Ort vor der russischen Grenze ist.

Auf dem Weg nach Stepanzminda zog ich zum ersten Mal während des Trips Vergleiche zwischen Azerbaijan und Georgien. Aserbaijan war „leerer“, es gab weniger Menschen und sehr viel weniger Touristen bzw. touristische Attraktionen. Während wir in der Region Xinaliq quasi allein waren (vergleichbare Kaukasus Region), begleiteten uns in Georgien unzählige Tour Busse nach Stepanzminda oder wir begleiteten Sie, wie man es sieht.

In Georgien gibt es im Unterschied zu Azerbaijan einen funktionierenden Torismus. Ich hätte mir eigentlich gut vorstellen können, es wäre anderes herum – wie dem auch sei – das Panorama hielt was es versprach und der Kaukasus hat sich von seiner besten Seite gezeigt.

Gori, Ruinen und zurück nach Tbilisi

Gori war unser nächstes Ziel, die Geburtsstadt von Iossif Wissarionowitsch Dschugaschwili und besser bekannt als Josef Stalin. Wir blieben eine Nacht und auch in Gori schien auf den ersten Blick nicht so viel anders, ein bisschen „ärmer“ bzw. weniger gentrifiziert, aber doch recht vertraut. Das Rathaus ist sogar dem deutschen Reichstag nachempfunden (warum weiss ich nicht).

Der Kult um Josef Stalin, der in Gori auf Grund seiner Geburt in dieser Stadt gepflegt wird, ist vielleicht der erste Beweis dafür, das hier ein paar Dinge anders laufen. Einerseits „person of the year“ 1939 und 1942 und anderseits ein grausamer Diktator, verantwortlich für das Sterben von mehreren Millionen Menschen, wird er noch immer glorifiziert und nicht kritisch betrachtet – zumindest nicht im Museum von Gori.

Das Highlight in der Mitte der Stadt Gori ist ein Fort bzw. eine Festung. Hier kann man ohne jegliche Sicherung und Begrenzung ein riesiges Ruinen-Areal für sich selbst ergründen und von dem über 100m hoch gelegenen Fort über Höhlen, Gänge und kaputte Mauern quasi durch die Mitte bis nach unten „klettern“.

Gori ist eine wunderbar schlichte, unaufgeregte georgische Provinzstadt und Hotels, Restaurants und Einkaufstrassen findet man (noch) wenige. Unsere Unterkunft glich übrigens einem „Palast“ – 5 riesige Räume – es schien, als sei die Einrichtung vor ca. 50 Jahren eingefroren.

In Summe

Georgien war weniger Abenteuer als gedacht und mehr Normalität als vermutet. Georgien ist preiswert, um nicht zu sagen billig, für Touristen aus Deutschland. Der Tourismus wird in den nächsten Jahren in Georgien massiv zunehmen, so viel scheint sicher, und die unzähligen Infrastruktur Projekte, die wir auf unseren Weg gesehen haben, zeugen davon, dass auch Georgien das so sieht und entsprechend investiert.

Für nächstes Jahr stehen aktuell folgende Ziele auf dem Plan – Transnistrien (abtrünnige, moldauische Republik), Dagestan (eine russische Teilrepublik im Nordkaukasus) oder Kurdistan (eine autonome Region im Nord Irak).

In ein Land fahren, was international nicht offiziell als Land anerkannt wird, könnte also das Motto unserer nächsten Reise sein. Oder es geht in den Iran, falls abtrünnige Teilrepubliken uns doch zu kompliziert erscheinen sollten.

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