„Wie Tesch anmerkt, begibt man sich bei der Frage nach der Motivlage auf ein sehr komplexes Gebiet voller irrationaler Möglichkeiten.“ (Plümer 2000: 258).

Dieter Zimmer (vgl. 1998: 27) berichtet darüber hinaus in seiner Arbeit von vier grundsätzlichen Motiven einer Verwendung von Anglizismen, wobei zwei sehr sachlicher Natur und zwei sehr emotionaler Natur sind.

Das erste Motiv ist bei ihm die Notwendigkeit, dem neu Erfundenen einen Namen zu geben, wie z.B. beim Wort Scanner. Eine Erfindung der Amerikaner, die diese demzufolge benannten – wie so viele Themen aus dem Bereich Kultur und Technik.

Ein zweites Motiv ist, dass „die meist kurzen und knappen, relativ affixfreien, nicht selten anschaulich wirkenden englischen Wörter“ weniger umständlich und zupackender als etwaige deutsche Entsprechungen sind. Stress ist kürzer als Anstrengung, Campus kürzer als Hochschulgelände und Scanner ist kürzer und in diesem Falle auch richtiger als Abtastgerät (Zimmer 1998: 27). Generell ist ein großer Teil englischer Lehnwörter einsilbig, wie fit, snob, boy, box, fair, Sex, Quiz, Jazz z.B. (vgl. Polenz 1999: 405).

Die ersten beiden Punkte sind Beweggründe, die relativ global betrachtet werden können. Viele Innovationen kommen aus den USA und sorgen damit für eine englische Namensgebung. Weiterhin sind die Kürze und auch das Flair der englischen Sprache nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt beliebt. Über eine Milliarde Menschen sprechen Englisch als ihre Haupt- oder erste Fremdsprache und Englisch ist eine globale Kommunikationssprache in weiten Teilen der Welt.

Konkret auf die Anglizismen Debatte bezogen war es historisch gesehen notwendig, englische Begriffe zu benutzen, da es für viele Wortbedeutungen keine deutschen Entsprechungen gab. Die Erfindung der Lokomotive und der Dampfmaschine gehörten zu ihnen z.B. Ein bedeutender Teil der historisch bedingten Motivlage ergibt sich aus der historischen Entwicklung des Sprachkontaktes in Deutschland und der Entwicklung der deutschen Sprache im Allgemeinen (Siehe Artikel Einflüsse auf die deutsche Sprache).

Für die heutige Zeit sehr bedeutende Motive für eine Verwendung von Anglizismen in der deutschen Sprache sind neben den schon genannten sachlichen Motiven, die so genannten emotionalen Motive (Zimmer 1998: 27). Ein sehr wichtiges, vermehrt auf die Jugendkultur bezogenes Motiv ist in diesem Fall das des „Sex-Appeals des Englischen“, das Flair der Sprache, was die Deutschen dazu veranlasst Jogging zu sagen anstatt Dauerlauf, was Laden meint und Shop sagt. Die USA als Leitkultur der heutigen Welt übermittelt dieses Weltbild von modern, dynamisch, jung, sexy, flott, vital, welches gerade auch wegen dieser Worte, Modernität ausstrahlt. Auch wenn diese Weltbild in den letzten Jahren ins Wanken geraten ist, hat sich zumindest aktuell noch kein anderes als Ersatz offenbart.

Es klingt alles viel einfacher und „moderner“ (Zimmer 1998: 28). „Die Übersetzung ins Deutsche hat meist etwas entlarvendes“(Zimmer 1998: 30) und der Gebrauch von Fremdwörtern dient zumeist als Bekräftigung dieser Modernität (O’Halloran 2002: 139).

Die Ästhetik einer Sprache zur Motivgrundlage ihrer häufigen Verwendung zu machen ist wiederum keine Erfindung des 20. Jahrhunderts, denn schon die Benutzung von Gallizismen im 17. Jahrhundert wurde häufig mit den Motiven begründet, die Sprache sei eleganter, hätte mehr Stil und Klasse. Aus historischer Betrachtung des französischen und englischen Sprachkontaktes in Deutschland, sind die Deutschen für die Übernahme von Anglizismen besonders anfällig, was mit der kulturgeschichtlichen und sprachgeschichtlichen Entwicklung Deutschlands und der deutschen Sprache erklärt werden kann.

Eine vollständige Motivpalette anzugeben ist nicht möglich, da sich diese Thematik über ein sehr komplexes und weitläufiges Terrain bewegt. Die Motive sind in allen Bereichen, wo Anglizismen auftreten, unterschiedlich geartet. In einem Teilbereich spielt die Geschichte mehr eine Rolle, im Bereich Computer geht es vorwiegend um Begriffsdifferenzierung. Im Bereich der Mode und Werbung spielen vor allem die Verkaufszahlen eine Rolle, welche sich durch exotisch und auch erotisch anmutende Worte steigern lassen (O’Halloran 2002: 137ff). Im Bereich der Jugendkultur geht es überwiegend um „Coolness“ und das „Flair“ und den „Sex-Appeal“, welches das Englische angeblich versprüht.

Inwieweit sich die technische, sexuelle, kommunikative und globale Revolution bis zum Ende des 20. Jahrhunderts auf die Motivlage der Anglizismen- Verwendung auswirkte, ist heute noch nicht vollständig absehbar.

„Die Gewalt einer Sprache ist nicht, dass sie das Fremde abweist, sondern, dass sie es verschlingt.“ Goethe, Maxime und Reflexionen (Polenz 1979: 9)

Julia Engelmann erzählt von Anglizismen heutzutage hervorragend in Ihrem neuem Gedicht.

Über den Autor

Die Welt ist mein zu Hause - hätte ich jedenfalls gern. Mein Lebensmittelpunkt ist in Berlin und das schon mein ganz Leben lang. Auf Reisen fühle mich am Ehesten zu Hause.

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