Ich glaube in der 10. Klasse war es, als ich im Unterricht eine Frage stellte, die mich seit dem bei meinen Freunden begleitet – „Wie tief ist der Caucasus?“ – ich meinte natürlich das Kaspische Meer – als ich das hinzufügte, war das allerdings bereits als Lacher abgespeichert.
Jetzt sitze ich hier, im Caucasus, auf ca. 2.200 m Höhe im Dorf Xinaliq („By some definitions Xinaliq is Europe’s highest village“) und muss darüber schmunzeln. Am Morgen noch in Baku am Kaspischen Meer (welches übrigens bis zu 1.025 m tief ist), blicke ich nun auf die Berge des Caucasus – mit Blick auf den Babdag (3.629m) und den Sahdag (4.243m).
Baku – Metropole am Kaspischen Meer
Nach einer recht abenteuerlichen Fahrt durch die Hauptstadt (zwischendurch zweifelnd, ob wir es zum Hotel schaffen würden) sind wir (Jan und ich) an unserem Hotel angekommen. Es war bereits früher Abend, obwohl wir das nicht so genau wussten, denn in Azerbaijan gehen die Uhren im wahrsten Sinne des Wortes anders.
Selbst das Internet weiß nicht genau wie spät es in Azerbaijan ist. Wie wir später herausfanden, stellt Azerbaijan nicht auf die Sommer Zeit um, der Großteil der Technik allerdings schon. So lebte ich eine Woche lang in der deutschen Azerbaijan-Zeit, während Jan manuell auf die Azerbaijan-Azerbaijan Zeit umstellte – interessantes Gefühl, vor allem wenn man seinen Wecker stellen muss…
Wie letztes Jahr in Jordanien hatte ich auch von Azerbaijan keine Vorstellungen und keine Erwartungen und so schlenderten Jan und ich „erwartungsfrei“ und entspannt durch das lebendige Zentrum von Baku und bahnten uns den Weg durch mehrere Bars und Clubs bis in die Morgenstunden.
Baku hat es geschafft, uns mitzureißen und durch die Nacht zu führen. Unsere Russischkenntnisse wuchsen von Bier zu Bier, zumindest glaubten wir das. Anders als in Jordanien letztes Jahr waren wir nicht die Einzigen, die Bier tranken und feierten, Baku feierte mit.
Nach meiner Uhrzeit endete der Tag 5 Uhr morgens und ich bin in Klamotten aufgewacht, was mir schon sehr lange nicht mehr passiert ist.
Tag 2 begann quasi nach einem Nickerchen, was leider meine Nacht darstellte. Kopfschmerzen formten sich, das Laufen ging am besten, was ich beim Sitzen immer wieder feststellte. Zu Fuß erkundeten wir die Stadt, unsere Uhr sagte uns 20km – Halbmarathon quasi – Check (#Apple Watch)!
Baku ist schön, eine Stadt zwischen „Altertum und Moderne“ – so wie ich es in Australien gelesen habe und auch der Grund, warum ich nach Baku reisen wollte. Es ist warm in Baku, es gibt eine Strandpromenade bzw. eine Uferpromenade und die Menschen scheinen glücklich und beschäftigt – es gefällt mir sehr gut.
Wir leihen uns ein Auto und fahren in die Berge (#4WD).
Von Baku nach Xinaliq, Caucasus Gebirge
Die ersten 150km gehen am Kaspischen Meer entlang – nahezu allein fährt man auf großen Highways in Richtung grüner Ebenen und dem Caucasus. Die ersten 15 km aus der Stadt heraus haben ca. 2 Stunden gedauert und mir fällt es schwer in Worte zu fassen, wie man in Azerbaijan Auto fährt, ohne die Situation zu verharmlosen. Jedenfalls haben wir es irgendwie geschafft, die Stadt zu verlassen und auch wieder zurückzukehren, um das vorweg zu nehmen.
An unser ersten Tankstelle habe ich an einen Rat von meinem Bruder gedacht, als Jan fragte, wollen wir gleich Tanken und ich erwiderte: „Ne, wir haben noch mehr als die Hälfte drin.“ Der Rat von meinem Bruder: „Immer tanken wenn du kannst!“
In der Bergen bei fast leerem Tank musste ich dann wieder an ihn denken und hab mich geärgert, wieder einmal nicht meinem Bauchgefühl gefolgt zu sein. Glücklicherweise kennt man auch in den Bergen so etwas wie Tankstellen, auch wenn man Sie nicht ohne weiteres erkennt:
In Baku sind wir ab und zu noch mit Englisch weitergekommen, spätestens im Caucasus kann man sich davon wieder verabschieden – die Sprache hier ist Russisch – neben der Landessprache – damit waren wir raus. Essen, Trinken, Schlafplatz und Benzin haben wir trotzdem bekommen – dazu reichten die Hände.
So saßen wir – ein wenig mit der Höhenluft arbeitend und das gut-findend – „Everest Feeling“, Check! – mit 4 jungen Leuten aus Azerbaijan und einem Russen bei „Seeds“, Bier und Tee. Auf Englisch und Russisch haben wir uns über die Heimat ausgetauscht und unsere Geschichten erzählt. Der Himmel war bewölkt, eine sternenklare Nacht mit Sicht bis zum Horizont blieb mir/uns verwehrt.
Wir verabreden uns 5 Uhr morgens zum Sonnenaufgang, denn der soll hier besonders schön sein und ist der Namensgeber des Dorfes, in dem wir weilen (Xinaliq heißt soviel wir goldene Berge…). Jan ist der Einzige der aufsteht, die Sonne steht schon am Himmel und er legt sich wieder hin.
Zurück in Baku
Der Weg zurück nach Baku war beschwerlicher als erhofft und erwartet. Eigentlich wollten wir dem Reiseführer folgend noch einen anderen Ort besuchen. Dort angekommen stellten wir fest, hier gibt es nichts zu sehen bzw. haben wir es nicht gefunden – also zurück nach Baku, was wiederum ca. 2h für 15 km vom Stadteingang zum vermuteten Hotel bedeutete.
Man kann ohne zu untertreiben behaupten, Baku hat ein Verkehrsproblem. Stellenweise fragten wir uns, warum die Regierung von Azerbaijan Baku nicht einfach abreisst, die Strassen neu und breiter baut und Baku wieder aufbaut. Wir glaubten wirklich, dass würde schneller gehen, als vom Stadteingang in die Innenstadt zu gelangen.
Nach einigen Herausforderungen unser Hotel zu finden (was es nicht mehr gab), haben wir ein Hotel direkt neben einem Pub gefunden, der Abend verlief dementsprechend und wieder schaffte es Baku, uns durch die Nacht zu reißen – diesmal habe ich nicht mal mehr auf die Uhr schauen können, denn es gab Vodka.
Einen Tag verbleibend in der Stadt, liefen wir diesmal in die andere Richtung durch Baku und wieder hieß es, Laufen geht besser. Auch an diesem Abend waren Bier und Vodka unsere Freunde – bei der Fahrt zum Flughafen am kommenden Morgen stellten wir fest, es gibt Zeitfenster in Baku, in denen man „wirklich Auto fahren“ kann in Baku.
Nächstes Jahr geht es nach Georgien und somit wieder in den Caucasus.
Hach, es war so schön!!! Und wenn man ich an die Abhänge neben dem Auto denke, dann ist die Frage, „Wie tief ist der Kaukasus?“ gar nicht mehr so abwegig. Es kommt halt auf den Standpunkt an 🙂
Ich freue mich auf das nächste Jahr.