Ein Home Run für Brad Pitt

Bereits zweimal war Brad Pitt für den Oscar als bester Hauptdarsteller nominiert: 1996 für 12 Monkeys, 2009 für Der seltsame Fall des Benjamin Button. Es blieb jeweils bei einer Nominierung. Doch in diesem Jahr könnte sich das ändern – mit seiner Rolle des Baseballmanagers Billy Beane in dem Sportdrama Die Kunst zu gewinnen – Moneyball. Nun ist Baseball nicht gerade eine Sportart, die im fußballaffinen Deutschland die Zuschauer ins Kino lockt. Doch auch ohne jegliche Kenntnis des Spiels schafft es dieser Film mitzureißen.

Das liegt zuallererst an der außergewöhnlichen Story, die auf einer wahren Begebenheit beruht und bereits Gegenstand eines Sachbuches (Moneyball – The Art Of Winning An Unfair Game) war. Die Drehbuchautoren Aaron Sorkin (The Social Network) und Steven Zailian (Schindlers Liste) haben es als packendes Drama mit einigem Witz auf 133 Filmminuten komprimiert, in denen es nicht langweilig wird.

Im Mittelpunkt steht der realexistierende Billy Beane, Manager der Oakland Athletics. Nach dem verfrühten Ende seiner eigenen Spielerkarriere, mit dem er noch immer hadert, widmet sich der Baseballbegeisterte mit vollem Einsatz der Zusammenstellung seines Teams. Eine undankbare Aufgabe: Die vergangene Saison endete enttäuschend und auch die Weichen für die nächste stehen nicht gut.

Denn die Oakland Athletics sind Underdogs, können mit anderen Mannschaften beim Budget und deshalb auch auf dem Spielfeld nicht auf Augenhöhe konkurrieren. Noch immer zählen die großen Namen, die Millionenbeträge für sich beanspruchen. Sie wandern ab, da hilft auch alles Gebettel um mehr Zuschüsse nichts. Weil Beane sein Team aber nicht als ewige Lehrschule für die nächsten Topspieler verkommen lassen will, entscheidet er sich für einen radikalen Bruch.

David gegen Goliath im Baseball-Milieu

Als Glücksgriff erweist sich dabei der Yale-Absolvent Peter Brand (Jonah Hill). Er ist der festen Überzeugung, im Baseball werde schon lange falsch gespielt – und zwar hinter den Kulissen. Anhand eines statistischen Bewertungssystems glaubt er, aus Außenseitern eine Gewinnermannschaft machen zu können. Baseball als höhere Mathematik quasi. Die Riege der renommierten Berater von Beane sowie sein Trainer Art Howe (herrlich widerspenstig gespielt von Philip Seymour Hoffman) sind entsetzt. Doch er zieht seinen Stiefel durch – und mausert sich mit seinem Team tatsächlich langsam zur Sensation der neuen Saison.

Wer jetzt glaubt, dies sei ein Film darüber, wie Underdogs zu den nächsten Superstars reifen, der irrt. Sie bleiben Spieler von der Resterampe, die zum Schnäppchenpreis gekauft und wieder verkauft werden. Damit halten Beane und Brand nicht hinterm Berg. Das ungleiche Duo macht dennoch oder genau deshalb Spaß, sind die beiden doch selbst die größten Nerds in der Geschichte. Als solche treten sie den Kampf David gegen Goliath an und unterwandern alle bis dato gültigen, zum Teil kranken Mechanismen des Baseballsports.

Pitt und Hill sind dafür die perfekte Besetzung. Ein gealterter, aber noch immer charismatischer Hollywoodstar hier, ein damals noch pummeliger, manchmal ungelenker Jungschauspieler da. Pitts nüchternes Spiel, wenn er jemand aus dem Team feuert, schlägt in fast quälende Adrenalinkicks um, wenn mal wieder ein lukrativer Transfer ansteht. Als Beane führt er auch einen Kampf mit sich selbst. Kein Spiel kann er sich live im Stadion anschauen, das bringe Unglück – ein Aberglaube aus früheren Tagen, den es zu kurieren gilt.

Kandidat für drei Oscars

Hill, den man bisher vor allem aus Komödien wie Superbad und Männertrip kannte, beweist an der Seite von Pitt Mut zur gespielten Schüchternheit. Mit der forschen Art des Managers kann er zunächst ebenso wenig umgehen wie vielleicht mancher Zuschauer. Doch je mehr man hinter die Fassade blickt, auf Beanes eigene Spielerlaufbahn, seine gescheiterte Ehe und die innige Beziehung zu seiner Tochter, desto mehr fiebert man mit ihm, will ihm den Triumph gönnen, den er eigentlich gar nicht sucht. Beane will nur das Spiel verändern.

Neben den herausragenden Darstellerleistungen zeichnet sich Die Kunst zu gewinnen – Moneyball durch eine gesunde Dosis an Spielszenen und grafischen Veranschaulichungen von Brands Statistiken aus, die dem Zuschauer einen Einblick in die Materie erlauben, ihn aber nicht überfordern. Als besonders gelungen erweist sich dabei der Einsatz original kommentierter Aufnahmen aus der Major League Baseball, die dem Film einen halbdokumentarischen Charakter verleihen und beim Fanjubel für Gänsehaut sorgen.

Entsprechend verdient ist nicht nur die Oscarnominierung für Pitt und übrigens auch für Hill (als bester Nebendarsteller), sondern für den Film selbst. Die Tragikomödie von Regisseur Bennett Miller (Capote) ist mehr als nur ein Sportfilm, bewegt sich vor allem auf den Fluren und den Hinterzimmern des Stadions, beleuchtet menschliche Dramen ohne viel Schnickschnack und Gefühlsduselei und bezieht genau daraus seine Stärke. Ein Filmerlebnis nicht nur für Baseballfans.

Titel: Die Kunst zu gewinnen – MoneyballRegie: Bennett MillerDarsteller: Brad Pitt, Jonah Hill, Ken Medlock, Philip Seymour Hoffman, Chris Pratt Altersfreigabe: keine AltersbeschränkungLänge: 133 MinutenVerleih: Sony PicturesKinostart: 9. Februar 2012

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Die Welt ist mein zu Hause - hätte ich jedenfalls gern. Mein Lebensmittelpunkt ist in Berlin und das schon mein ganz Leben lang. Auf Reisen fühle mich am Ehesten zu Hause.

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