Jordanien
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Unterwegs in Jordanien: Berlin – Akaba – Eine Anreise

Unterwegs in Jordanien: „Lass uns doch ’ne Woche tauchen fahren…“ Okay, ich tauche zwar nicht, aber eine Woche Auszeit in der Ferne kommen einem ja immer gelegen.

Jordanien, gelegen zwischen Syrien, Irak und Israel. Alter… Und dann schießen sich Syrien und Israel immer mal wieder Raketen über die Grenze.

Dank der gebetsmühlenartigen Wiederholung „Jordanien ist sicher“ und „Wir gehen nur tauchen. Eine Woche Hotel-Urlaub am Roten Meer, allet jut, entspann dich.“, sage ich zu.

Unterwegs in Jordanien

Ich hab keine Ahnung wie wir dort hinkommen, wohl über Istanbul und dann weiter nach Akaba. Ankunft in Jordanien um 03:00 Nachts. Whaaat? Egal, ich pack meinen Reiserucksack, zieh Wüstenstiefel an, seh aus wie ein Soldat und fahre mit der S-Bahn zum Flughafen Tegel. Die Stimmen in meiner Umgebung werden gesenkt und Blicke auf mich wandern schnell weiter in Richtung Reisebus-Werbung an den Fenstern. – Hätte ich mir doch lieber etwas farbenfroheres anziehen sollen? Vielleicht kommen schwarze Hose, schwarzer Pulli und Army-Cap in den aktuellen Zeiten einfach nicht so gut an. – Ich versuche das sich setzende, ältere Pärchen mit einem herzlichen Lächeln zu erwärmen, aber es gelingt mir nicht. Dafür hab ich jetzt Platz für meinen Rucksack.

Am Flughafen angekommen erwartet mich eine lange Schlange in einem viel zu engen Flughafengang. Zusammen mit den anderen 200 Passagieren trotten wir in Schlängellinien langsam der Gepäckabgabe entgegen. Zwischenzeitlich ist auch Jens angekommen. Mit Kopfhörer in den Ohren und einem leicht wippendem Gang strahlt er die typische Heavy-Traveler-Atitude aus. Dabei stellt er sich locker neben mich und überhört geflissentlich das leise Knurren der drei Kreuzberger Schönheiten hinter uns.

Im Warteraum offenbart sich das ewig gleiche Spiel. Mindestens hundert Reisende stehen in einer langen Reihe vor dem verwaisten Boarding-Schalter und hoffen auf schnellen Einlass. Denn wer erster drin ist, ist erster drin.

Wir stattdessen sitzen entspannt in der Halle und bekommen Bierdurst, allein uns fehlen die Euro-Münzen um eines zu kaufen. Jedoch, Jens, „the traveling guy“, hat natürlich noch ein paar Britische Pfund in der Tasche. Und, ich hätte es nicht erwartet, er konnte damit bezahlen. Welt-Metropole Berlin sag ich nur!

Die nächsten vier Stunden passiert nicht allzu viel, wir fliegen mit Turkish Airlines und sind erstaunt über das gute Essen. Dönerfleisch mit Reis und Soße. Dazu gibt es Bier und einen Pflaumenkuchen zum Dessert.

Der Pilot landet sicher in Istanbul und ich muss dringend rauchen… In mir schlummert der sehnliche Wunsch nach einem Raucherflughafen, wie sie noch vor zehn Jahren Gang und Gäbe waren. Aber mein Wunsch wurde nicht erhört. Nun gut aber ein Raucherkabuff muss es doch geben. Wir sind hier immerhin in einem Nicht-Europäischen Land. Eine quälend lange Suche auf den verschiedensten Flughafen-Ebenen führte uns schließlich zu meinem Mekka.

Flughafen Istanbul: Die Raucherterrasse!

Allein der Geruch schon 20 Meter vor dem Eingang verheißt nichts Gutes, geschweige denn die Gerüche der uns entgegenkommenden Gestalten. Aber sie alle haben ein leichtes Lächeln im Gesicht, es ist ein Ausdruck der Befriedigung den auch wir uns sogleich zweifach abholen sollten.

Wir betreten die heilige Halle und sehen dem Lungenkrebs direkt in den Hals. Vierzig, wenn nicht mehr, dicht gedrängte Wesen stehen an mit Kippen und Bierflaschen überfüllten Stehtischen. Durch das spärliche Licht aus vergilbten, halbkaputten Deckenstrahlern und rot schimmernden Heizpilzen wabert eine Nebelwand aus bläulichem Tabak. Wir atmen tief ein und werden zu den selben nach Rauch stinkenden Wesen.

Atatürk Airport

Die Raucherterasse auf dem Atatürk-Airport

Nach je zwei Zigaretten und ein 7€-Flughafen-Becks, schlendern wir beflügelt und berauscht zu unserm neuen Gate. Wir warten wieder und bestaunen das Schlangenphänomen… Das gibt es wohl überall.

Die Schlange hat eine akzeptable Länge erreicht, also raffen wir uns auf und steigen wieder in den Flieger. Next stop King Hussein International Airport Akaba.

Diesmal hat Turkish Airways Hühnchen mit Matsch und Reis im Angebot, dazu ein Tuborg, die Augen schließen und auf die Landung warten…

3:43 Uhr wir sind wieder auf dem Boden. Wir steigen aus dem Flugzeug und es erwartet uns eine stille, dunkle, nach Meer riechende Nacht. Sämtliche Sicherheitsvorschriften missachtend gehen wir unter den Tragwerken unseres Airbus hindurch. Beim überqueren des Flugfelds starrt die Wasserkanone der Flughafenfeuerwehr auf uns, als wolle sie uns in das Terminal schießen. 

In dem kahlen, hell erleuchteten Empfangsraum bildet sich eine Schlange vor den Visa-Schaltern. Doch es bewegt sich nichts. Nach zwanzig Minuten – waren wir vielleicht zu früh? – streckt der erste Passagier seinen labbrigen roten Reisepass in die Kammer der zivil gekleideten Kontrolleure. Die Visa können jetzt wohl ausgestellt werden.

Noch fünf Leute stehen vor mir und ich fange an mich zu wundern warum niemand die angekündigten 60 Euro bezahlt. Haben die alle ein Visum und wir stehen falsch? Ich bin dran, krame meinen Reisepass hervor und gebe ihn dem Chef. Jens legt seinen hinzu und der schlecht gelaunt aussehende Oberkommissar (oder so) schaut uns beide an. Mit seinem Finger wedelt er zwischen uns hin und her, will wissen ob wir zusammen hier sind. Wir nicken eifrig und er wirft unsere Pässe zu einem seiner Kollegen oder Untertanen. Der schaut uns ebenfalls kurz an, knallt einen Stempel auf eine beliebige Seite, kreuzt irgendwas an und gibt uns wortlos unsere Pässe. Der Oberboss  gibt uns wild gestikulierend zu verstehen das wir weiter gehen sollen. Dann haben wir jetzt wohl 60€ mehr Budget. Das frische, kostenlose Visum wird jetzt noch einmal von dem Zivilisten in der Einreisebox, zwei Meter weiter, kontrolliert und dann sind wir durch. 

Unterwegs in Jordanien: Ein Willkommen

Es ist 4:36 Uhr und ich muss schon wieder dringend rauchen. Also schnapp ich mir den Rucksack und stapfe nach draußen. Ich bin noch keine 30cm aus dem Flughafentor da wird mir schon ein Taxi angeboten. Ich muss aber erstmal rauchen. Ausserdem hab ich kein Geld und keinen Schimmer wo ich hin muss. Wo ist Jens? Hat der Visa-Aussteller was falsch gemacht und Jens sitzt im Knast? Nein er hat sich fernab der Taxifahrer postiert und genießt die bläuliche Luft des Rauches deutschen Tabaks in Jordanien. Nachdem wir die lästige Sucht gestillt haben gehen wir noch mal ins Gebäude und ziehen uns ein wenig Geld. Jordanische Dinar. Jeder von uns nimmt 150. Wir schauen mal wie weit wir damit kommen. Kaum wie wir wieder vor der Tür stehen sagt Jens dem netten Taxifahrer wo wir hin müssen und fragt was es kosten wird. 30 Dinar und ein Taxameter läuft wohl mit.

Wir schauen uns an und freuen uns wie entspannt das alles hier abläuft. Jetzt sollen wir aber los. Unsere Zigarette können wir im Auto weiter rauchen und stehen tut der Araber nicht gern… Oha, na dann.

Die Fahrt in der dunklen Jordanischen Nacht ist unspektakulär. Wir sitzen erschöpft im Fonds des grün-gelben Ford Mondeo und starren aus dem Fenster. In ein paar hundert Metern Entfernung leuchtet Akaba, unser Ziel, unser Hotel, unsere Betten. Wir passieren eine lange weiße Mauer die mit vielen bunten Bildern bemalt ist. SIe erinnert uns an die East-Side-Gallery. Fehlen nur noch sich Küssende Könige und Scheiche. Vereinzelt stehen Autos unter den orange schimmernden Laternen. Die Mauer weicht den ersten kleinen Hütten als uns der Taxifahrer fragt ob wir einen Tee möchten. Ohne unsere Antwort abzuwarten holt er beim Fahren die Kanne hervor und gießt den letzten Rest in einen Pappbecher. Ein wenig zögerlich nippe ich an dem Becher und bin überrascht wie interessant der Tee schmeckt: brüllend süß und mit einer leichten Note Kardamon. 

Nach einer zehnminütigen Schweigepause biegt unser Gefährt in eine schmale Seitengasse. Die Bordsteine verengen sich auf weniger als fünfzig Zentimeter und darauf stapeln sich schwarze und blaue Plastiktüten. Schlagartig  ändert sich meine Stimmung während ich die Wohnruinen links und rechts neben der einspurigen Straße sehe. Mein Puls schnellt nach oben als auch nach der nächsten Biegung die Häuser immer heruntergekommener aussehen. Wir fahren in eine Sackgasse, vorbei an einem sandigen Loch in der Häuserfront. Der Taxifahrer hält kurz vor Ende der Gasse, zeigt auf ein grau-gelbes Haus auf der linken Seite. Wir sind wohl da. Auf der spärlich beleuchteten Straße kämpfen und kreischen drei dürre Katzen unter einer Mülltonne. 

Jens‘ erster Satz nachdem er ausgestiegen ist:“ Verdammt, ich glaube er hat uns zu dem falschen Hotel gebracht.“ Unser Chauffeur wuchtet unsere schweren Rucksäcke aus dem Kofferraum und Jens entschwindet Richtung Hotel. Er dreht sich um und grinst: „is wohl doch richtig…“. Es liegt nun an mir die Bezahlung zu arrangieren, ich umklammere mein Portemonnaie und versuche im halbdunkel 30 Dinar zu erkennen. Der Fahrer schaut mir dabei geduldig auf die Finger. Ich pule einen blauen und einen roten Schein hervor und reiche sie ihm. Er schaut mich verwirrt an und fragt:“Thirty? Thirty per person!“ Oha, da haben wir wohl nicht genau verhandelt. Wenn ich Taxifahrer in Akaba nachts um halb fünf wäre wäre das wohl auch meine erste Reaktion. Ich denke mir das eine Diskussion, ein einhalb Stunden nach der Einreise nicht angebracht ist und zücke wieder meinen Geldbeutel und fingere den Fünfzig Dinar Schein heraus. Er gibt mir mit einem freudestrahlendem Lächeln den Zwanziger wieder, wünscht uns eine gute Nacht und fährt mit einem guten Gefühl davon.

Cedar-Hotel-AkabaHotel-Akaba-Strasse

Welcome in the Cedar Hotel Akaba.

So stehen wir nun mit Sack und Pack einsam vor unserem Hotel. Durch das Fenster erkennen wir einen auf dem Fernsehsessel eingeschlafenen Mann der jedoch sofort aufspringt als wir unsere Zigaretten gelöscht und das Foyer betreten haben. Der Check-in verläuft dank Reservierung problemlos. Wir bekommen Zimmer Nummer 402, Frühstück ist von 07:00 bis 10:00 und wenn wir Fragen haben sollen wir unter 007 anrufen. Bevor wir uns auf den Weg zum Fahrstuhl machen bekommen wir noch das Wifi-Passwort (falsch) aufgeschrieben und werden damit in die stille Nacht entlassen.

Das Hotelzimmer überrascht uns. Es ist sehr geräumig, hat zwei getrennte Betten, ist sauber und warm. An der Zimmedecke klebt ein Pfeil der wahrscheinlich nach Mekka zeigt, die Wand vor den Betten wird von einem schwarzen Flachbildfernseher dominiert. Direkt am Fenster steht ein Schreibtisch und daneben ein kleiner Tisch mit zwei bezogenen Stühlen. Die im Tisch integrierte Minibar beinhaltet leider ausschließlich Non-Alcoholics, aber eine Cola zum Mischen unseres Duty-Free Whiskeys ist vorhanden.

Endlich ziehen wir uns die schweren Schuhe von den Füßen, gießen uns einen puren und einen Cola-Whiskey ein, prosten uns zu und genießen das Gefühl des angekommen Seins. Die restlichen Klamotten landen in den Ecken, wir checken nochmal Facebook, rauchen eine Zigarette am Fenster, hören dem Muezzin beim Aufruf zum Morgengebet zu und fallen in einen tiefen traumlosen Schlaf. (5:20 Uhr)

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