Nach einer Woche Island und 3 Tagen Toronto war unser nächstes Ziel die Wildnis oder zumindest, nicht die Stadt. Wir hatten einen Camper gebucht – einen Wicked Camper mit Dachzelt und wollten durch den Osten Kanadas fahren. Ontario und Quebec standen auf dem Plan – 14 Tage Camping.
So weit zu unserem Plan – in Toronto dann sollte es konkreter werden und wir stellten fest, unser Reiseführer war Mist bzw. nicht für diese Art Reisen geeignet – egal dachten wir uns, einfach los fahren – gemacht, getan.
Von Toronto nach Quebec City
Auf Google Maps sah das alles gar nicht so weit aus – 800 Kilometer oder so – easy eigentlich, wie Berlin – München. Nur darf man in Kanada auf den Highways höchstens 110 km/h fahren und uns wurde bewusst, dass wir während der Ferienzeit – im Sommer – durch eines der dicht besiedelsten Gebiete Nordamerikas fahren. Die ersten Eindrücke waren entsprechend eher Kanada untypisch (viele Menschen bzw. Autos, Industrie und Städte).
Auch wenn sich die berühmte Weite bereits an den Highways erahnen ließ, war es doch eine „industrielle Weite“. Und dennoch war die Natur da und die Highways schienen stellenweise wie eine Schneise, die durch die Natur geschlagen wurde, was wir das letzte Mal so in Malaysia erlebten, wo die Schneise der Zivilisation durch den Dschungel geschlagen wurde.
Wir überlegten unweigerlich wie die Welt aussehen würde, wenn alle kultivierten Landschaften mit einmal verschwinden würden, keine bestellten Felder mehr, kein Farmland, keine Städte, keine Zivilisation – mit Ausnahme des aktuellen Strassennetzes – also durch die „ursprüngliche Erde“ fahren – der Gedanke war schön – für den Moment.
Kanada Tour – Ontario & Quebec
Unser erste Nacht verbrachten wir in Upper Canada Village und wir stellten zwei Dinge fest: Die Mücken sind hier in der Überzahl und jeder „Camp Ground“ hat seine eigene Feuerstelle. Die zweite Feststellung führte zu purer Begeisterung, die den ganzen Urlaub über nicht verblasste. Jeden Abend Marshmallows essen kann man als Kind auch nicht schlecht finden.
Auch wenn Upper Canada Village schon sehr „wild“ war, in der viel gepriesenen Wildnis waren wir hier noch nicht. Vor allem die Nacht machte uns klar, wie laut ein 3km entfernter Highway sein kann. Dazu war ein doch sehr reger Zugverkehr zu hören – in Form von lautem Dröhnen der Lokomotiven – warum auch immer das in der Nacht sein muss.
Upper Canada Village selbst existiert quasi nur als historische Stadt, in der das Leben aus dem 19. Jahrhundert sehr detailliert nachgestellt worden ist, z.B. Lebensmittel und Kleiderherstellung wie im 19. Jahrhundert. Ein spannender Tagesausflug für Kinder, der uns noch dazu nichts kostete, da wir dafür vom Campingplatz Freikarten erhielten.
In Quebec City musste ein Pool her, das war für Tanja klar – seit über einer Woche schon auf Reisen und noch nicht einmal „richtig“ baden gewesen (die heiße Quelle auf Island zählte für sie nicht). Uns war das nicht ganz unrecht, wir mussten vor allem waschen und brauchten Ausrüstung (in der ersten Nacht sind wir fast erfroren, deshalb war ein zusätzlicher Schlafsack nötig).
Ein halber Tag verging mit Wäsche waschen, Duschen, Ausrüstung besorgen und optimieren, Pool Action und Bier trinken – Urlaub – Natur war wieder ein bisschen weiter weg – ein Campingplatz in der Stadt, keine 800m vom Highway entfernt – der Pool hatte „Highway View“. Tanja fand das grossartig und anscheinend fängt man erst später im Leben an, bestimmte Geräusche als Lärm zu kategorisieren – dachte ich mir.
Abends am Feuer dachten wir uns, warum wirken bestimmte Geräusche in der Nacht lauter als am Tag? Vielleicht weil es nicht so viel Zwischengeräusche gibt, oder liegt es doch am Luftdruck? Wahrscheinlich weil man zur Ruhe kommt.
Quebec City war wunderschön, fand auf jeden Fall Antje, während ich mir dachte – eine typische Stadt, in der Kreuzfahrtschiffe halten. Ein Flohmarkt in einer Kirche war mein Highlight.
Durch die Provinz Quebec
Kurz nach Montreal fing es bereits an leerer zu werden und kurze Strecken lang gab es tatsächlich nur Landstraßen und Gegend. Von Quebec City fuhren wir hoch in den Nord-Osten, wo wir auf einer Seite nur das Meer sahen und auf der anderen Seite nur Wald, soweit das Auge reicht.
Das wahre Kanada schien fern, denn in Quebec hatten wir eher das Gefühl durch Nord-Frankreich zu fahren, als durch Nordamerika. Englisch war hier nur noch Zweitsprache, die man in der Schule entweder lernt oder nicht.
Entlang des Sankt Lorenz-Stroms fuhren wir bis nach Tadoussac – wir wollten Wale sehen. An der Stelle, wo der „Rivére Saguenay“ auf den Sankt Lorenz-Strom trifft, sind die Bedingungen so außergewöhnlich gut, dass sich viele Arten und diese in Scharen hier sammeln, um zu speisen.
Gesehen haben wir weiße Belugawale, gedacht gesehen zu haben, einen Orca oder Buckelwal, auf jeden Fall sahen wir einen Wal, der kein Belugawal war. Nicht gesehen haben wir Blauwale, denn dafür hätte man eine Tour buchen müssen und irgendwie hat uns der Gedanke abgeschreckt eine „Wale Watching Tour“ mit gefühlt 100.000 anderen Touristen zu unternehmen. Wir haben uns die Wale auf einem Panoramaweg vom Ufer aus angesehen.
Ansonsten fuhren wir über Land, durch Wälder, an Schluchten und Fjörden entlang. Wir hielten an, wo wir wollten, guckten uns Dinge an, die irgendwie interessant erschienen, fuhren weiter und fanden abends irgendwo einen Platz zum Schlafen. Wir standen meistens spät auf und blieben lange wach. Es wird erst spät dunkel in Kanada und ein Feuer war jeden Abend Pflichtprogramm.
Weiter nördlich wurde die Welt leerer und man fährt schon mal Strecken, auf denen im Umkreis von mehr als 60-70 Kilometer einfach nichts ist. Im Vergleich zu Australien ist das nicht wirklich viel, aber für uns Europäer dann doch schon eher eine Seltenheit.
Die richtige Wildnis haben wir dann auch dort gefunden. Keine Zivilisiaiton weit und breit, ein Zeltlager mitten im Wald an einem See, der anscheinend dem Klichee Kanadas gerecht wird.
„Unbeobachtet (evtl. hat uns ein Elch gesehen, wir ihn aber leider nicht) baden und die Ruhe und Freiheit von innen und außen spüren, dass war genau die Erfüllung, die ich gesucht habe“ Antjes Gedanken dazu.
Das erste mal seit langer Zeit, haben wir nichts gehört, nur tagsüber vereinzelte Vögel, das Wasser und den Wind und nachts nur den Wind und den Regen.
Ottawa bis Algonquin und zurück nach Toronto
Nach der Wildnis bzw. dem was ihr am nächsten kam, ging es weiter in die „wilde Provinz“, ins Land der Bauern, was uns zumindest so vorkam und wir campten zwei Tage irgendwo ca. 50 Kilometer westlich von Ottawa. Es war bezaubernd unspektakulär hier und es gab einen Pool, mit einem Basketball Korb – im Pool.
Wo wir uns genau befanden, konnte mir nur meine Photo Bibliothek sagen, obwohl ich nicht mal weiss, ob wir da ein Foto gemacht haben. Wir blieben etwas länger als geplant, entspannten beim Lesen, Wäsche und Haare waschen, und neben den Pool-Aktivitäten genossen wir das Lagerfeuer bei Bier und Wein.
Ottawa selbst ist eine der schönsten Hauptstädte, die ich je besucht habe und wir hatten das Glück während des Ottawa International Buskerfestes in der Stadt zu sein. Dazu hielt das Wetter exakt bis zu dem Moment, als wir wieder ins Auto stiegen und uns auf den Weg zum Algonquin National Park machten.
Camping in Kanada
Der Osten Kanadas bot weitaus weniger Natur als wir dachten, zumindest in der Gegend, in der wir unterwegs waren. Dafür müsste man in den Westen fahren, hat man uns gesagt, der ist leer. Hier im Osten Kanadas leben einfach mehr Menschen und wir haben viele getroffen und mit ihnen gesprochen.
Der Aufhänger war jedesmal unser „Rainbow Car“ mit dem „tiny tent“ oben drauf (in den Augen der Kanadier muss das wirklich winzig sein, denn die Wohnmobile, mit denen sie durch die Gegend fahren, sind eher Häuser bzw. Luxusappartements auf Rädern).
Es war für viele äußerst faszinierend zu sehen, wie wir reisen und als Sie dann realisierten, dass wir um den halben Planeten geflogen sind, um uns Kanada mit dem „Rainbow Car“ fortzubewegen, war Ihre Begeisterung noch größer. Das ging so weit, dass uns jedes zweite Auto auf dem Highway anhupte und die Insassen wild winkten und gestikulierten, was bis zum Schluss irritierend und lustig zugleich war.
Ausländische Touristen haben wir in den zwei Wochen Camping kaum getroffen – die sind alle im Westen unterwegs, weil es da authentischer ist.