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Anglizismen – Sprachkultur oder Sprachverfall?

„Unsere Sprachen sind keine Monosysteme. Jede Sprache ist ein Konglomerat von Sprachen. Mehrsprachig sind wir schon in unserer Muttersprache.“ Mario Wandruzska (O’Halloran 2002: 147)

Eine Debatte über Anglizismen in der deutschen Sprache hatte in den 00er Jahren einen Höhepunkt erreicht – „Sprachkultur oder Sprachverfall?“ – wie ist die Wirkung der englischen Sprache auf die deutsche Sprache? Steuern wir in Zukunft auf „Denglisch“ oder „Kauderwelsch“ zu oder ist die Verwendung von Anglizismen nur eine vorübergehende Tendenz?

In der Zeit, in der ich Anglizismen untersucht habe, wurden Anglizismen in der Tat mal wieder als ein Problem in der Gesellschaft gesehen. Heute hat unsere Welt neue Probleme und über Anglizismen spricht niemand mehr.

In unserer Sprache vorhanden, sind Sie nach wie vor, doch was sind Anglizismen und was bewirken Sie?

Was sind Anglizismen?

Unter dem Begriff „Anglizismus“ werden Wörter, Formulierungen und Satzkonstruktionen verstanden, die aus dem englischen ins deutsche übernommen sind. Linguistisch betrachtet, bezeichnet man Anglizismen als „die Bildung eines Wortes aus angelsächsischem Morphem- und Lautmaterial, wobei man unter einem Morphem das kleinste bedeutungstragende Element einer Sprache versteht, welches sich nicht weiter zerlegen lässt, ohne seine Bedeutung einzubüßen“ (Zimmer 1998: 372).

Pfitzner (Plümer 2000: 27) z.B. definiert einen Anglizismus als „ein sprachliches Zeichen im Deutschen, dessen äußere Form aus englischem Morphem Material oder einer Verbindung von englischem und deutschen Morphem Material besteht, dessen Inhalt in der Regel die Übernahme einer im englischen Sprachgebrauch bekannten Bedeutung voraussetzt“.

Stickel definiert Anglizismen als „Wörter und Wendungen, die morphologische Elemente aus dem Englischen enthalten oder in ihrer Struktur oder Bedeutung auf englische Vorbilder schließen lässt“ und weitere weitestgehend akzeptierte Definition ist eine von Zindler (1993):

„Ein Anglizismus ist ein Wort aus dem britischen oder amerikanischen Englisch im Deutschen oder eine nicht übliche Wortkomposition, jede Art der Veränderung einer deutschen Wortbedeutung (Lehnbedeutung, Lehnübersetzung, Lehnübertragung, Lehnschöpfung, Frequenzsteigerung, Wiederbelebung) nach britischem oder amerikanischem Vorbild.“

Yang (1990: 9) betrachtet Anglizismen auf eine andere Weise. Er differenziert den Begriff des Anglizismus und ordnet ihn in drei Kategorien ein. Die erste Kategorie sind hierbei konventionalisierte Anglizismen, jene, die als allgemein üblich anerkannt werden, z.B. Computer, Manager und Baby. Diese Wörter kommen dem Sprecher nicht mehr als Fremdwörter vor. Die zweite Gruppe sind Anglizismen im Konventionalisierungsprozess, die sich quasi noch etablieren müssen, wie z.B. Scanner oder updaten zum Beispiel. Die dritte Gruppe sind Zitatwörter oder Eigennamen wie z.B. US Army, Boat People oder College. 

Von so genannten semantischen Anglizismen „spricht man bei der Entlehnung der Inhaltsseite eines englischen Wortes, dessen Ausdrucksseite in der Nehmersprache (in ähnlicher Form) bereits vorhanden ist.“ (Plümer 2000: 115). Verben wie kontrollieren (nach engl. to control) oder realisieren (nach engl. to realize) gehören zu der Gruppe der semantischen Anglizismen z.B.

Anglizismen treten in Deutschland als Entlehnungen auf, welche sich in Form von Fremdwörtern oder Lehnwörtern und in so genannten Lehnbildungen darstellen. Eine Entlehnung ist nach Zimmer (1998: 370) „eine Übernahme eines fremdsprachlichen Ausdrucks in seiner unveränderten Gestalt. ‚Fremdwort’ im Gegensatz zu ‚Lehnwort’, das der eigenen Sprache weitgehend angepaßt wurde.“ Man spricht also von der Übernahme englischsprachiger Begriffe in unveränderter Form, in Fremdwörtern oder Lehnwörtern, und in entlehnter Form, im Rahmen von Lehnbildungen.

„Als Lehnwort bezeichnet man gewöhnlich Fremdwörter, die von der entlehnenden Sprache soweit assimiliert worden sind, dass der gewöhnliche Mensch sie nicht mehr als sprachfremd empfindet. Bei dem Fremdwort erkennt das Sprachgefühl jedoch sofort, dass es sich vom normalen Material der Muttersprache unterscheidet.“

Darüber hinaus kommt es zu Entlehnungen durch so genannte Lehnbildungen. Diese sind nach fremdem Vorbild entstandene Zusammensetzungen oder Ableitungen aus einheimischen Sprachelementen (vgl. Stedje 1989: 24) und treten in Deutschland vor allem in Form von Lehnübersetzungen, Lehnübertragungen, Lehnschöpfungen, Lehnwendungen und Schein- entlehnungen auf (vgl. Carstensen 1965: 215).

Dem gegenüber beschreibt Haugen (vgl. 1950: 214) Entlehnungsvorgänge als dynamische Prozesse und unterscheidet nur drei Kategorien von Entlehnungen aus einer fremden Sprache. Zum ersten die „complete importation“, wo fremdsprachliche Morpheme vollständig aus der Gebersprache entlehnt werden; zum zweiten die „partial importation“, wo fremdsprachliche Morpheme nur teilweise übernommen werden, wobei sie heimische Morpheme ersetzen, und zum dritten die „no importation“, wo eine vollständige Substitution fremdsprachlicher Morpheme stattfindet.

In der modernen Anglizismen-Forschung gilt diese Betz’sche Systematisierung, wie es auch genannt wird, als überholt. Nach Pfitzner (vgl. 1978: 12f) wird dieses System nämlich problematisch, wenn man es auf den Kontakt zweier moderner Sprachen überträgt. Der Vorschlag zur Systematisierung von Haugen wurde allgemein übernommen und von Pfitzner (1978) und Carstensen (1993) erweitert, so dass dieses System als das heute gängige angesehen werden kann.

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